Lebendige Lavant
Natura 2000 Life Lebensministerium

LIFE+ Lavant: Lebensraumvernetzung für gefährdete Kleinfischarten

Situation vor dem LIFE-Projekt:

 

Die Lavant galt historisch als das fischreichste Fließgewässer Kärntens - sowohl  im Bezug auf die vorkommenden Fischarten als auch deren Dichte. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte die hohe Vielfalt gewässerspezifischer Lebensräume (Mäander, Furkationsbereiche mit Schotterbänken, Schluchtstrecken) auf sehr engem Raum sein.

 

Durch massive Eingriffe in das Gewässerökosystem (energiewirtschaftliche Nutzung, Begradigung des Gewässerverlaufs, Abtrennung von Nebenarmen, Reduktion der Gewässerbreite, Sohl- und Uferstabilisierung, Kontinuumsunterbrechungen, Einleiten von Abwässern) sind von den historischen Fischbeständen heute nur mehr Restbestände erhalten. Diese begrenzen sich auf den letzten noch naturnah erhaltenen Flussabschnitt, eine schluchtartige Strecke oberhalb von Lavamünd, die auch als Natura 2000 Gebiet „Untere Lavant" ausgewiesen wurde. 

 

Durch zu geringe Populationsgrößen und fehlendem Austausch sind auch die Restbestände der besonders seltenen Arten wie z. B. Steingressling (Gobio uranocopus), Hundsbarbe (Semling, Barbus petenyi -Gr), Frauennerfling (Rutilus virgo) und Weißflossengründling (Romanogobio vladykovi) im Natura 2000 Gebiet „Untere Lavant" langfristig vom Aussterben bedroht. Diese Fischarten sind europaweit stark gefährdet und auch Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie. 

 

In Kärnten ist die Lavant das einzige Gewässer, in dem diese Fischarten vorkommen. Der Steingressling kommt österreichweit nur noch vereinzelt in Restbeständen vor. Der Lebensraum für die erwähnten Fischarten war an der Lavant vor allem durch Kontinuumsunterbrechungen erheblich eingeschränkt.

 

Maßnahmen:

 

Im diesem LIFE-Projekt wurden Maßnahmen gesetzt, die das Überleben der europaweit stark gefährdeten Kleinfischarten (Anhang II-Arten) in der Lavant langfristig sichern und eine Vergrößerung der Fischpopulationen ermöglichen.

 

Vorangegangene Projekte zur Wiederherstellung gewässerspezifischer Habitate (Aufweitungen, Rückbau der Ufer) an der Lavant haben gezeigt, dass Maßnahmen dieser Art von den Fischen im Vergleich zu anderen Flüssen überproportional stark angenommen werden. Dem stellt sich die Herausforderung, bestehende Kontinuumsunterbrechungen so durchgängig zu gestalten, dass sie auch von den erwähnten Kleinfischarten, die einen hohen Strukturbezug sowie eine geringe Schwimm- und Springleistung aufweisen, angenommen werden.

 

Im Projekt wurden zwei Schwerpunkte gesetzt:

  • Die Schaffung von neuen bzw. die Wiederherstellung von ökologisch hochwertigen Lebensräumen
  • Die Herstellung der Durchgängigkeit zur Vernetzung dieser Lebensräume

Bei allen Maßnahmen wird besonderes Augenmerk auf die Autökologie der stark gefährdeten Kleinfischarten gelegt.

 

Zusätzlich wurde das ursprüngliche Natura-2000-Gebiet um mehr als 50 % der Fläche erweitert und als Europaschutzgebiet verordnet. Die zusätzlichen Flächen betreffen einerseits den Fluss und die Ufer selbst, andererseits wurden auf neu erworbenen Flächen gewässerspezifische Feuchtflächen, die insgesamt im Talraum der Lavant nur noch als Relikte vorhanden sind, geschaffen und außer Nutzung gestellt. Diese entsprechen den FFH-Lebensraumtypen (nach Anhang I) *91E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior), 3150 (Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnoptamions oder Hydrocharitions) und 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe).

 

Die Lavant selbst ist in Bereichen, wo sie rückgebaut wurde bzw. einen neuen Verlauf erhalten hat, ebenfalls als FFH-Lebensraumtyp anzusprechen bzw. wird sie sich dorthin entwickeln. Es wird erwartet, dass sie in einigen Jahren dem Typ 3220 (Alpine Flüsse mit krautiger Ufervegetation) bzw. kleinflächig 3240 (Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Salix eleagnos) zugeordnet werden kann. In Bereichen mit großflächigen Uferzonen wurde mit der Wiederansiedlung der Deutschen Tamariske (Myricaria germanica) die Grundlage für eine Entwicklung dieser Flächen zum Lebensraumtyp 3230 (Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica) geschaffen.

 

Touristische Einbindung:

 

Entlang des Flusses führt der Lavant-Radweg R10. Radfahrer, Läufer, Wanderer und Skater sehen von diesen Radweg aus die Maßnahmen und können sich bei den Informationstafeln über das LIFE-Projekt, das LIFE-Programm oder die ökologischen Besonderheiten des Flusses informieren. Besonders ansprechend gestaltete Bereiche machen den Fluss erlebbar und festigen die emotionale Beziehung zwischen Mensch und Natur.

 

Projektziele

  • Wiederherstellung der Durchgängigkeit im Speziellen für schwimm- und springschwache Kleinfischarten und Grundfische, die besondere Ansprüche an die Choriotopverhältnisse von Fischwanderhilfen stellen
  • Wiederherstellung von Gewässerlebensräumen, deren Habitatvielfalt und Dynamik der ursprünglichen fischreichen Lavant entspricht
  • Wiederanbindung von Altarmen und Zubringen an die Lavant zur Erweiterung des Habitatangebots für die Fischarten
  • Verbesserung der ökologischen Situation im Umland durch Neuschaffung von Auwaldflächen und Augewässern
  • Vergrößerung des Natura 2000 Gebiets
  • Bewusstseinsbildung für die lokale Bevölkerung: Die Lavant als ökologisch besonderer, erlebbarer und dynamischer Fluss

Maßnahmen und Tätigkeiten:

  • Umbau von 3 Sohlstufen zu aufgelösten Rampen
  • Entfernung einer Sohlstufe, Umgehung einer Sohlstufe
  • Herstellung eines neuen, dynamischen Flusslaufs auf einer Länge von ca. 400 m
  • Restrukturierungen im regulierten Flussbett auf einer Gesamtlänge von 440 m
  • Anbindung von sechs Zubringern und zwei Altarmen (325 m) an die Lavant
  • Schaffung eines Seitenarm von ca. 300 m Länge
  • Wiederansiedlung der Deutschen Tamariske
  • Errichtung von fünf Rast- und Informationsplätzen entlang des Lavant-Radwegs inkl. eines Aussichtsturms
  • Öffentlichkeitsarbeit: Homepage, Poster, Folder, Postkartenserie, Informationstafeln, Aktionstage, Exkursionen, Workshops
  • Monitoring: Vorher-Nachher-Untersuchung der Projektauswirkungen aus Sicht der Fachbereiche Fische, Amphibien, Libellen, Lebensräume

Ergebnisse:

  • Durchgängigkeit der Lavant für Organismen von der Mündung bis 21 km flussauf (21 km Flusslänge)
  • Erreichbarkeit von sechs weiteren Zubringern und zwei Altarmen
  • Erweiterung des ursprünglichen Natura 2000 Gebiets von 86,91 ha auf 131,59 ha (+ 44,68 ha bzw. + 51 %) und Verordnung als Europaschutzgebiet
  • Neuschaffung und Initiierung von verschiedenen FFH-Lebensraumtypen (natürliche eutrophe Seen (3150), Alpine Flüsse mit krautiger Ufervegetation (3220), mit Ufergehölzen von Myricaria germanica (3230), mit Ufergehölzen von Salix eleagnos (3240), Auenwälder mit Alnus Glutinosa und Fraxinus Excelsior (91E0))
  • Wiederansiedlung der Deutschen Tamariske (Myricaria germanica) an der Lavant
  • Ankauf von 4,3 ha Ackerfläche, die in öffentliches Gut überführt und zu Naturschutzflächen wurden
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